Zu den Klimarisiken zählen gemäß Definition der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) u. a. folgende physische Risiken.
Physische Klimarisiken werden in akute und chronische Risiken unterteilt. Die möglichen Auswirkungen des Klimawandels hängen auch stark von globalen Entwicklungen wie dem demografischen Wandel, dem Wirtschaftswachstum und den Anstrengungen zur schnellen Reduktion der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre ab. Daher hat Heidelberg Materials in der Analyse dieser physischen Klimarisiken sowohl die aktuellen Risikopotenziale als auch – für die Zeiträume bis 2030, 2040 und 2050 – die anerkannten Szenarien (Shared Socioeconomic Pathways) SSP1 bis SSP5 des Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) betrachtet. Diese SSP-Szenarien stellen mögliche Entwicklungspfade des Klimawandels dar und umfassen dabei auch sozio-ökonomische Aspekte wie das prognostizierte Bevölkerungswachstum.
Die bisher genutzten Entwicklungspfade, die in erster Linie auf der Konzentration der Klimagase in der Atmosphäre basierten (Representative Concentration Pathways, RCP), sind in diese Szenarien ebenfalls mit aufgenommen und erweitert. Die SSP-Szenarien decken sowohl optimistische als auch pessimistische Varianten ab. Während das Szenario SSP1 mit der Erreichung des Pariser 1,5-Grad-Ziels gleichgesetzt werden kann, sind die Auswirkungen des Klimawandels in den weiteren Szenarien gravierender und auch die Treibhausgaskonzentration nimmt zu. SSP5 entspricht einem Worst-Case-Szenario. Ein branchenspezifisches Risiko für Heidelberg Materials ist die wetterbedingte Abhängigkeit der Bautätigkeiten. Harte Winter mit extrem niedrigen Temperaturen oder hohe Niederschläge während des ganzen Jahres können sich kurzfristig negativ auf die Bautätigkeit auswirken, mit direkten Folgen für unseren Umsatz und die Betriebsleistung.
Generell gilt, dass Klimarisiken geografisch stark variieren. Folgen extremer Wetterszenarien, wie Überschwemmungen oder Dürreperioden, können zu Schäden an unseren Produktionsstandorten führen, die Belieferung unserer Kunden unterbrechen oder nachteilige Auswirkungen auf die Versorgung unserer Betriebe mit vorgelagerten Produkten haben. In den letzten Jahren sorgten beispielsweise langanhaltende Trockenperioden in Westeuropa für niedrige Pegelstände, die die Belieferung mit Rohstoffen über den Wasserweg erschwerten. Gleichzeitig führten Überschwemmungen z. B. in Australien zu Produktions- und Lieferunterbrechungen. Auf Wetterszenarien wie diese reagieren wir unter anderem, indem wir wassersparende Produktionstechniken einsetzen und unser Abwassermanagement optimieren. Nichtsdestotrotz ist Hochwasser von Flüssen in diesem Zusammenhang derzeit eine Hauptsorge für das Unternehmen.
Diese tatsächlichen Auswirkungen zeigen sich auch in unserer übergeordneten Risikoanalyse. So sind vor allem Niederschlags- und Hitzestress die wichtigsten chronischen Klimarisiken, während Überflutung das signifikanteste akute Risiko darstellt. Für den Zeitraum bis 2030 bleibt das Bild weitestgehend unverändert, jedoch wird die Risikoexposition gegenüber Dürre deutlich größer.
In Abhängigkeit der betrachteten Szenarien nimmt der Anteil von Standorten mit Klimarisiken über die Zeiträume bis 2040 und 2050 weiterhin zu. So sieht man für Dürrestress deutliche Unterschiede zwischen dem moderaten Szenario SSP2 und dem auf der weiteren Nutzung fossiler Brennstoffe basierenden Szenario SSP5. Gemäß der Modellierung würde sich unsere Risikoexposition verdoppeln. Ähnliche Entwicklungen würden auch für weitere chronische Klimarisiken wie Hitze- und Niederschlagsstress prognostiziert. Vor allem unsere Standorte in Asien und Afrika würden bei einer zunehmenden Treibhausgaskonzentration gemäß den Szenarien unter Dürre und Hitze leiden, während die nördlicheren Regionen wie Nordamerika und Europa stärker von Niederschlagsstress betroffen wären.
Betrachtet man die Zeiträume bis 2040 und 2050 für die akuten Risiken wie Tropenstürme und Hochwasser von Flüssen, bleiben diese weitestgehend stabil. Während erstere naturgemäß insbesondere in Afrika, Asien und Australien auftreten, betrifft das Flutrisiko eher die nördliche Hemisphäre. Die relative Stabilität in den akuten Risiken heißt auch, dass die Auswirkungen des Klimawandels uns bereits heute betreffen.
Da die Risiken bereits heute signifikant sind, haben wir 2022 mit einer tiefergehenden Analyse begonnen und auf Basis der Risikoexposition und strategischen Bedeutung etwa 100 Werke identifiziert, die im Detail betrachtet werden. Dazu wurden weitere Risiken in die Modellierung aufgenommen und den Werken zur Verfügung gestellt. Diese haben die Ergebnisse verifiziert, mit ihren eigenen Erfahrungen abgeglichen und sind nun angehalten, standortspezifische Anpassungsmaßnahmen für die kritischen Risiken, einschließlich notwendiger Investitionspläne, zu erarbeiten. Mit der Analyse haben wir zudem begonnen, die konkreten finanziellen Auswirkungen auf unsere Standorte zu quantifizieren. Unser Ziel ist es, diese Analyse weiter auszuarbeiten, intensiver zu nutzen und zukünftig auch in die Prozesse des Rechnungswesens zu integrieren.